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Was ist eine Atemmassage

Atemmassage

Ein Gespräch zwischen meinen therapeutischen Händen und deinem Rücken

"Sehe mit fühlendem Auge,

taste mit sehender Hand."

Goethe

... mit Öl und direkt auf der Haut angewendet ...
... mit Öl und direkt auf der Haut angewendet ...

Die Atemmassage ist eine taktile (berührende) Behandlungsform der Atemtherapie, bei der von der Annahme ausgegangen wird, dass zwischen Haltung und Handlung eine Wechselwirkung besteht, die sich im Atemverlauf manifestiert und darum über die Atmung erkenn- und formbar ist. 

 

Es werden verschiedene Techniken und Methoden angewendet, um den Atemfluss zu verbessern, den Körper für den Atem durchlässiger zu machen und den Muskeltonus hin zu einer Wohlfühlspannung auszugleichen. Dabei können Stress und Spannungen abgebaut, das allgemeine Wohlbefinden gefördert und erworbene Verhaltensmuster mit der Zeit verändert werden. Ziel ist die Klientin bzw. den Klienten (wieder) mit sich und der Umwelt in Kontakt zu bringen und handlungsfähig zu machen. 

 

Die Atemmassage wird meistens mit Massageöl direkt auf der Haut und am Rücken angewendet. Der Rücken ist für diese Therapieform deshalb der ideale Ort, weil dort alle Atemräume vorhanden sind und ich das Rückenbild in die Diagnose mit einbeziehen kann. Der Ablauf der Behandlung wird aber vom Befinden der Klientin bzw. des Klienten bestimmt. Durch einen Griff setze ich einen Reiz, auf den unmittelbar der Atem antwortet und ich sehen kann, wie die Person an den unterschiedlichen Körperstellen reagiert. Diese Reaktion des Atems bestimmt dann den nächsten Griff.

 

Alles Erleben wirkt sich nämlich immer direkt auf die Atmung aus. Die Atemmassage geht deshalb über die biologische Funktion des Atemsystems hinaus. Ich spreche mit dieser Therapieform die Klientin bzw. den Klienten ganzheitlich auf der biologischen, psychischen und sozialen Ebene an.

"Ziel jeder Atemtherapie ist es, die Atmung innerhalb ihrer Variationsmöglichkeiten reaktionsfähig zu machen,

ohne die natürliche, autonome Regelung zu beeinträchtigen."

Volkmar Glaser

Geschichte der Atemmassage

Johannes Ludwig Schmitt (1896-1963)
Johannes Ludwig Schmitt (1896-1963)

 

Der Urvater der Atemmassage ist der deutsche Arzt Johannes Ludwig Schmitt (1896-1963). Er entwickelte in den 1920er Jahre diese Therapieform, welche nach seinem Tod von Dr. Volkmar Glaser, Herta Richter und Liselotte Brüne sowie weiteren Schüler und Schülerinnen systematisiert und weitergegeben wurde. 

 

Die Atemmassage wurde ursprünglich aus der klassischen Massage entwickelt, kennt aber keine eigentlichen Griffe. Ab und zu werden zwar einzelne Griffe und Techniken aus der Bindegewebs- und klassischen Massage angewendet.

Wie läuft eine Sitzung ab?

Bewusste Berührungen ermöglichen eine Veränderung des Atems, des Muskeltonus und von Verhaltensmuster
Bewusste Berührungen ermöglichen eine Veränderung des Atems, des Muskeltonus und von Verhaltensmuster

Bei einer Atemmassage liegt die Klientin bzw. der Klient entspannt auf dem Bauch. Zu Beginn einer Behandlung beobachte ich den Atem und seine Muster, schaue mir den Rücken und seine Besonderheiten an, lokalisiere Bereiche, die blockiert oder eingeschränkt sind.

 

Oft neigen die Menschen durch diese Körperhaltung dazu, wegzudösen. Das Ziel ist aber, dass sie wach und beteiligt bleiben. Dieses Wach- und Beteiligtsein unterstützt nämlich die natürlichen Atem- und Körperreaktionen.

 

Durch unterschiedliche Berührungen und Bewegungen versuche ich, verspannte Körperregionen zu lockern, untertonisierte Muskeln zu aktivieren und so den Körper für den Atem wieder durchlässig zu machen. Ich lasse mich dabei vom Atemgeschehen der liegenden Person leiten. Es ist für mich das diagnostische Mittel. Darauf und auf ihr Befinden stütze ich den Ablauf der Behandlung. Der Erfolg und die Stimmigkeit zeigen sich einerseits unmittelbar in der Atembewegung und andererseits über die Rückmeldung der Klientin bzw. des Klienten.

Unterschied klassische Massage und Atemmassage

Auch wenn die Atemmassage ursprünglich aus der klassischen Massage entstanden ist und verschiedene Griffe und Techniken aus den verschiedensten Arbeitsweisen angewendet werden können, ist ihre Wirkungsweise doch subtiler und reicht über die mechanische und reflektorische Wirkungsweise einer klassischen Massage hinaus.

 

"Der Unterschied (zur klassischen Massage) besteht ausschliesslich darin, WIE die Behandlung angeboten wird,

dh in der Verhaltensweise des Behandlers und seiner Intension, den Patienten durch sein Angebot dazu zu veranlassen,

nicht passiv mit sich geschehen zu lassen, sondern emotional aktiv beteiligt zu sein."

Moia Grossmann

 

Es geht um den therapeutisch kontrollierten Einsatz von Berührungen, welche den berührten Menschen zu einer persönlichen Stellungnahme herausfordert und von bestimmten individuellen Handlungsmustern bestimmt ist. Durch die enge Verflechtung des Atems mit dem motorischen körperlichen System zeigen sich solche Muster in den Atemreaktionen. Nimmt beispielsweise eine Person eine Berührung gerne an, wird sie sich zum Berührenden hinwenden oder andererseits - wenn die Berührung unangenehm ist - sich abwenden. Aber auch der berührende Mensch wird auf diese Reaktion reagieren. Entweder mit Zuwendung oder Zurückziehen.

 

 

Dieser bewusste Umgang mit Berührungen und der Einstellung, die vor mir liegende Person als Ganzes wahrzunehmen, ermöglicht es mir als Therapeutin bestimmte Reaktionsformen hervorzurufen und/oder diese mit gezielten Interventionen zu verändern. Denn diese Reaktionen sind Ausdruck eines bestimmten Verhaltens der Klientin bzw. des Klienten in entsprechenden Alltagssituationen.

Wie wirkt eine Atemmassage auf Körper und Psyche?

... Kontakt durch Berührung ...
... Kontakt durch Berührung ...

Alles, was wir tun, denken, fühlen und erleben wirkt sich auf den Atem aus. Verspannungen entstehen zB in Stresssituationen oder bei Angst. Können sich diese nicht selbständig wieder lösen und Entspannung sowie Lockerung eintreten, kann es zu Verhärtungen kommen, die den Atemfluss stören und ihn negativ beeinträchtigen. Wir nutzen deshalb Berührungen, um auf den Atem und die Muskelspannung einzuwirken. Lösen wir nämlich die Muskelspannung in einer Körperregion, kann dort der Atem wieder frei(er) fliessen. Es entsteht ein Gefühl von mehr Raum und Weite im Körper, und hat damit auch einen Einfluss auf die Befindlichkeit des Menschen.

 

In der Atemmassage spielt aber auch der soziale Aspekt eine wichtige Rolle. Denn Berühren heisst sich begegnen und Vertrauen schaffen. Für Dr. Volkmar Glaser war denn auch klar, dass Veränderung und Wachstum im Kontakt mit anderen stattfinden. In der Atemmassage findet dieser Kontakt durch die Berührung an der (Körper)-Grenze statt. Ich als Therapeutin und die Klientin gehen an dieser Grenze einen Kontakt ein. Es soll ein "Aufeinander-Bezogensein" entstehen. Dieses wird am Ende der Stunde auch wieder bewusst gelöst. Optimal ist, wenn jede Person dabei ihren eigenen Raum und ein Gefühl für den gemeinsamen Raum hat.

 

Wir nutzen also in der Atemmassage diese komplexen Zusammenhänge zwischen Atem, Körper und Psyche, um die Selbstregulation des Menschen zu aktivieren.

"Menschen, die sich berühren und sich auf die Berührung einlassen, sind in Kontakt, kommunizieren und begegnen sich. Begegnung ist wie Wahrnehmung, ein zweiseitiger Prozess. Es braucht den Reiz und es braucht die Hinwendung..."

Moia Grossmann

Wann ist eine Atemmassage sinnvoll?

 Die Atemmassage arbeitet an der Verbesserung der Elastizität und Spannkraft des Menschen. Sie widmet sich den Bereichen des Körpers, aus denen sich der Atem zurückgezogen hat, das Bindegewebe verdickt oder verklebt ist oder das Zwerchfell - unser grösster Atemmuskel - nur noch eingeschränkt arbeiten kann. So sorgt sie für eine bessere Durchblutung und stärkt das Immunsystem. Sie wirkt regulierend auf das Herz-Kreislaufsystem und unterstützend bei psychosomatischen Störungen oder bei Erkrankungen der Atemwege.

 

Die Atemmassage verbessert aber auch das Empfinden für den eigenen Körper und seine Strukturen (Skelett, Muskulatur, Organe) und kann helfen, sich seelisch-körperlicher Zusammenhänge bewusst(er) zu werden. Sie stärkt das Selbstbewusstsein und die Ausdrucks- bzw. Beziehungsfähigkeit, kann Stress und Angstzustände reduzieren und die innere Lebendigkeit fördern. Sie ist deshalb für jeden Menschen sinnvoll, der auf der Suche nach der "eigenen" Mitte ist. 

Grenzen der Atemmassage

Die wichtigste Voraussetzung für den Einsatz einer Atemmassage sind positive Begegnungs— und Kommunikationserfahrungen der Klientin bzw. des Klienten, die als Erinnerung abgespeichert und über die Sprache abrufbar sind, dh dass sich die Person im eigenen Körper wahrnehmen und das Erfahrene anderen gegenüber in Worte fassen kann.

 

Gewalt- oder traumatische Erfahrungen sowie gewisse psychische Erkrankungen, wie dissoziative Störungen bzw. multiple Persönlichkeitsstörungen, gehören hingegen in jedem Fall in die Hände einer erfahrenen Psychotherapeutin.

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Kommentare: 1
  • #1

    Dina Mazzotti (Montag, 19 Juni 2023 13:41)

    Das klingt wahnsinnig spannend und interssant, liebe Eveline! Auf solch ein Rückengespräch unter deiner kompetenten Leitung lasse ich mich gerne mal ein!
    Herzlich, Dina


Eveline Baumgartner Meier

Arbeits- und Organisationspsychologin FH

Atemtherapeutin IKP

Schriftpsychologin FH

Achtsamkeitslehrerin

PRAXIS Oberhus 3, 6023 Rothenburg

TELEFON 079 271 76 24

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