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8sammeln August

8 Sinnes-Momente am 08.08.2024

 

Achtsamkeit hilft bei Stress, weil sie uns unterstützt, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu lenken und eine nicht-wertende Haltung gegenüber unseren Gedanken und Gefühlen einzunehmen. Automatische Reaktionen auf Stressfaktoren werden so unterbrochen. Ich kann meine Emotionen und körperlichen Empfindungen besser wahrnehmen und muss nicht sofort darauf reagieren. 

 

Beim 8SAMMELN, zu dem meine Atem- und Blog-Kollegin Susanne Wagner jeweils am 8. des Monats aufruft, "sammeln" wir während des Tages mit all unseren Sinnen acht Momente und dokumentieren unsere Beobachtungen. So können wir das unvoreingenommene Wahrnehmen üben. Ganz im Sinne des Zen-Meisters und spirituellen Lehrers Thich Nhat Hanh:

 

"Es gibt zwei Arten von Geschirr zu spülen:

 

Einmal, damit man hinterher sauberes Geschirr hat,

und die zweite Art besteht darin,

abzuwaschen, um abzuwaschen."

 

Thich Nhat Hanh, buddhistischer Mönch

 

 

Gerne erzähle ich dir nun von meinen acht Sinnes-Momenten. Vielleicht magst du dich darauf achten, was meine Beschreibungen bei dir auslösen? Was bleibt hängen? Was kennst du auch? Schreib mir doch davon im Kommentar. Ich freue mich von dir zu hören.

#1 Klang der Regentropfen

Den Regentropfen lauschen hilft beim Stressabbau
Den Regentropfen lauschen hilft beim Stressabbau

Es regnet und die Temperaturen sind gegenüber den letzten Tagen deutlich gesunken. Ich sitze auf unserem Balkon und nehme einen tiefen Atemzug, fülle nicht nur meine Lungen, sondern den ganzen Körper mit der erfrischenden Luft. Ich höre den Regentropfen zu, wie sie aufs Geländer und den Strassenboden auftreffen. Es ist ein gleichmässiges Geräusch. Je länger ich zuhöre und die kühlende Luft einatme, desto deutlicher nehme ich wahr, wie sich mein aufgewühltes Nervensystem beruhigt. Ich war mir bis jetzt gar nicht bewusst, wie der Stress meiner beiden älteren Männer auch mich getriggert hat.

#2 Geschmackssymphonie

nährend, stärkend und so fein
nährend, stärkend und so fein

Zum Frühstück gibt es wieder einmal ein Beeren Baked Oats. Das knallige Rot der Himbeeren erhascht sofort die Aufmerksamkeit meiner Augen. Der Löffel gleitet sanft in die Haferflocken-Masse. Ihr Duft erinnert mich an etwas Nussig-Süsses vermischt mit einem Hauch Erde. Im Gaumen nehme ich die cremige Konsistenz meines Frühstücks wahr. Plötzlich blitzt die scharfe Süsse einer Himbeere durch und ich höre das knackige Geräusch, als meine Zähne auf die Pistazien Splitter beissen. Ich fühle mich mit jedem Bissen im wahrsten Sinne des Wortes „genährt“ und gestärkt.

#3 Samtige Buchstaben-Kette

schreibend bei mir ankommen
schreibend bei mir ankommen

Eine liebe Atemkollegin hat bald Geburtstag. Ich schreibe ihr eine Karte und verwende dazu einen Füller. Seine Feder gleitet sanft über das leicht kühle, samtige Papier. Beim Schreiben nehme ich die Sitzauflage unter meinem Po wahr. Ich lasse meinen Körper bewusst auf den Stuhl sinken. Ich weiss, er trägt mich und ich muss nichts dazu beitragen. Unmittelbar darauf registriere ich, wie auch mein Atem diesem „Niederlassen“ folgt, sich meine Bauchdecke ausdehnt und das Gefühl eines Stroms von Entspannung durch meinen Körper fliesst.

#4 Atme ich?

der Bildschirm - der Klassiker unter den Atemräubern
der Bildschirm - der Klassiker unter den Atemräubern

Ich muss noch einige administrative Sachen erledigen und sitze am Computer. Konzentriert arbeite ich meine To Do Liste ab. Plötzlich durchzuckt mich das Gefühl, gerade nicht geatmet zu haben. Dieses Gefühl ist wie ein Weckruf und ich nehme mir einen längeren Moment Zeit, um meinen Atem zu beobachten, wie er einströmt und meinen Körper wieder verlässt. Nichts anderes zählt dabei mehr. Nur mein Atem, so wie er sich gerade zeigt. Durch diese Atemübung wird mir bewusst, dass mein Stresspegel immer noch ziemlich hoch ist. Eigentlich bräuchte ich eine längere Pause des Nichts Tuns. Ein Seufzer entströmt meinen Lippen. Keine Ahnung, wie das im Moment gehen soll. Fürs erste kehre ich nochmals zu meinem Atem zurück und bleibe noch ein wenig bei ihm…

#5 Liege-Pause

So strecke ich denn alle Viere von mir!
So strecke ich denn alle Viere von mir!

Nach dem Aufräumen der Küche am Mittag nehme ich ein schmerzhaftes Ziehen im Kreuz wahr. Mein Hirn fühlt sich benebelt und mein Körper träg an. Zeit also für eine Pause an meinem Lieblingsort! Ein wohliger Seufzer entwischt meinen Lippen, als ich mich auf dem Liegestuhl niederlasse. Ich spüre, wie mein Körper in die Unterlage einsinkt und das Zwicken und Zwacken in meinem Rücken zunehmend schwächer wird. Ich atme bewusst aus und schliesse für einen Moment die Augen. Es ist erstaunlich ruhig um mich - einzig ein fernes Brummen des Durchgangsverkehrs erreicht leise meine Ohren. Wie gut so eine liegende Pause tut!

#6 Verführerische Süsse

Fata Morgana des Genusses?!?
Fata Morgana des Genusses?!?

Seit mehr als einem Jahr esse ich kaum noch Zuckriges. Früher gehörten Guetzli, Schoggi und Kaffee bei mir zum Stress wie das Amen in die Kirche. Eigentlich merkte ich oft sogar erst, wie hoch mein Stresspegel gerade war, weil ich kaum noch etwas anderes ass. Heute hat mich dieses Pack Oreos Banadas aus seinem Schrankversteck angeblinzelt - und ich habe mich entschieden, eines zu kosten. Beim Anblick der schoggiüberzogenen Guetzlis auf der Verpackung spüre ich, wie sich mein Speichel im Mund vermehrt. Mein Gehirn gaukelt mir vor, genau zu wissen, wie herrlich und gross der Genuss ist, in eines reinzubeissen. Ich mache die Verpackung auf... und spüre als erstes ein Gefühl von Enttäuschung! Denn der Schoggiüberzug ist leicht grau und matt. Die Guetzlis hatten beim Transport oder der Lagerung zuviel Wärme abbekommen. Ich setze mich bewusst hin und nehme einen ersten Bissen. Ein knuspriges Geräusch erreicht meine Ohren, während mein Gaumen versucht die verschiedenen Geschmäcker und Konsistenzen im Mund auseinanderzuhalten. Schwierig, aber definitiv schokoladig, cremig mit etwas vanille-ähnllichem, dazwischen staubig-krümmelige Bröcklein. Lecker! Auch meine Jungs freuen sich über das Dessert. Bei ihnen jedoch verschwinden die Guetzlis im Mund wie warme Weggli...

#7 Der Boden als Partner

Schritt für Schritt unterwegs
Schritt für Schritt unterwegs

 

Ich muss noch einkaufen gehen und spaziere an der Strasse entlang. Ich spüre bei jedem Schritt meine Fusssohle. Wie sie etwas einsinkt, in das ledrige Fussbett meiner Flipflops, und dann wieder leicht und frei in der Luft schwebt. Ich spüre, wie der Boden meinem Fuss Widerstand bietet, ich mich abstossen kann und so Schritt für Schritt vorwärts komme. Während dessen erreicht das Brummen des Durchgangsverkehrs direkt und laut mein Trommelfell. Über meine Haut streicht ein kühlender Windhauch und ich nehme die Wärme der Sonne wahr. Ich fühle mich ganz bei mir und geniesse jeden Schritt.

#8 Erfrischende Erinnerung an den Feierabend

Überraschend wie Feierabend schmecken kann
Überraschend wie Feierabend schmecken kann

Ich sitze wieder am Computer. Der Tag ist fortgeschritten. Ein paar To Do Restposten stehen noch auf meiner Liste. Für den Endspurt hole ich mir etwas Kühles zum Trinken. Meine Handinnenfläche spürt deutlich und direkt die Kälte und die Glätte der Dose. Das Getränk riecht nach Grapefruit und wenige Gasbläschen hüpfen meiner Nase entgegen, als ich das Glas zum Trinken an die Lippen hebe. Überrascht realisiere ich beim ersten Schluck, dass nebst dem Grapefruit Geschmack ja noch das Aroma von Bier hervordrückt. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Die Mischung von Bier und Kühle weckt Erinnerungen an Feierabend und Entspannung in mir. Das zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht.


Meine 8SAMMELN-Erkenntnis des Tages

 

Heute war ich sehr dankbar, dass gerade 8SAMMELN-Zeit war. Das achtsame Wahrnehmen hat mir deutlich gemacht, wie gestresst ich war und dass mir heute etwas anderes gut getan hätte, als das disziplinierte und pflichtbewusste Abarbeiten meiner To Do Liste. Es hat mir auch geholfen, wieder besser in Kontakt mit mir zu kommen und mein Nervensystem zu beruhigen.

 

Zudem wurde ich beschenkt mit folgendem Aha-Erlebnis:

 

"Du darfst deinen Gedanken

nicht alles glauben!"

 

Buddhistische Weisheit

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Susanne Wagner Atemsinn (Mittwoch, 14 August 2024 18:37)

    Liebe Eveline
    Danke für deinen Beitrag zur Jubiläumsausgabe von #8Sammeln! Die Todo-Liste abzuarbeiten ist nicht der Sinn des Lebens, da hast du Recht. Trotzdem geht es mir oft auch so und dann bin ich genauso dankbar, dass ich eine Möglichkeit habe «wieder besser in Kontakt mit mir zu kommen und mein Nervensystem zu beruhigen». Der Boden spielt auch bei mir eine grosse Rolle!
    Ich wünsche dir einen wohlgespannten Sommer
    Susanne


Eveline Baumgartner Meier

Arbeits- und Organisationspsychologin FH

Atemtherapeutin IKP

Schriftpsychologin FH

Achtsamkeitslehrerin

PRAXIS Oberhus 3, 6023 Rothenburg

TELEFON 079 271 76 24

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