8 Sinnes-Momente am 08.12.2024
Der 8. des Monats, an dem ich jeweils beim 8SAMMELN von meiner Atem- und Blog-Kollegin Susanne Wagner teilnehme, fällt diesen Monat auf einen Sonntag, genauer gesagt den 2. Advent Sonntag. Ich habe nur am Abend einen Termin in der Stadt, sonst ist mein Tag frei von Verpflichtungen.
Ich freue mich darauf, mich heute wieder mal ganz speziell der Achtsamkeit zuzuwenden, acht Momente mit allen Sinnen zu "sammeln" und meine Erfahrungen zu dokumentieren und zu reflektieren.
#1 Direkte Kommunikation zwischen Gehirn und Körper
Es ist Sonntag Morgen. Beim Erwachen dringt diese Tatsache langsam zu meinem Gehirn vor. - "Gottseidank!" - Gleichzeitig mit der Bewertung meines Gehirns geht ein entspannendes Gefühl durch meinen Körper, dabei habe ich noch nicht einmal gespürt, dass er angespannt war. Mit zunehmender Wachheit nehme ich auch meinen Körper bewusster wahr und spüre die Kontaktstellen zur Matratze und Decke. Ich geniesse das Gefühl und Wissen, liegen bleiben zu dürfen und zu können.
#2 Innehalten und Verbunden sein
Ich zünde die Kerzen an meinem kleinen Kraftort zuhause an. Bereits unmittelbar danach spüre ich die abstrahlende Wärme der Kerzenlichter auf meiner Gesichtshaut. Ich bleibe noch einen Moment stehen, nehme diese Wärme wahr, rieche den Duft des Paraffins und betrachte die verschiedenen Gegenstände und Bilder auf dem Tisch. In meiner Bauchregion breitet sich ein sanftes, warmes und tiefes Gefühl von Zuneigung, Verbundenheit und Vertrauen aus.
#3 Genüsslich frühstücken
Ich nehme einen Schluck meines Cappuccinos - wobei ich ausschliesslich Milchschaum erwische - und mein Gaumen schickt umgehend die Botschaft ans Gehirn: "Süss!" - "Was? Milch schmeckt süss?" Mein Bewertungssystem im Gehirn springt sofort an. Ich will die Erfahrung wiederholen und nippe nochmals am Cappuccino. Jetzt schmecke ich aber ganz leicht den darunterliegenden Kaffee durch - ein eher nussigen, leicht bitteren Geschmack - und registriere in erster Linie den Milchschaum auf meinen Lippen. Leicht und flockig. Ein zweiter Schluck folgt. Der Kaffeegeschmack tritt noch mehr in den Vordergrund. Zurück bleibt ein leicht enttäuschtes Gefühl. Erfahrungen kann ich nicht wiederholen. Vorbei ist vorbei.
#4 Neues integrieren
Ich stehe im Balkon und spüre die Kälte durch meine Kleider. Gestern habe ich eine Christrose geschenkt bekommen, für die ich nun ein Plätzchen im Freien suche. Ich spüre das Gewicht von Topf und Pflanze in meiner Hand, mein Auge nimmt verschiedene Farben und Formen wahr und körperlich spüre ich, wie sich meine Rückenmuskulatur anspannt und zwickt. Ich stehe leicht nach vorne gebeugt und mein Körpergewicht liegt hauptsächlich auf einem Fuss. Meinen Atem nehme ich beim Arrangieren der verschiedenen Objekte nicht wahr. Dafür liegt mein Fokus stark auf dem inneren Gefühl, das mir irgendwann sagt: "Jetzt ist gut."
#5 Erstaunlich, was Gemüse im Körper bewirkt
Ich schneide Gemüse für eine Suppe. Unter meinen Händen nehme ich die Rillen des Stangenselleries wahr und den harten Griff des Messers. Bei jedem Schnitt spüre ich Druck auf dem Handballen und der Zeigefingerbeere. Etwas überrascht registriere ich ein gleichzeitiges Ziehen unter dem rechten Schulterblatt. Mein Gehirn kommt ins Stolpern und realisiert, dass ja auch diese Muskeln zum Handhaben des Messers benutzt werden.
#6 Eile mit Weile oder nicht?
Schnell, schnell noch etwas im Internet suchen... Puh, mein Atem verzieht sich dabei sofort. Ich nehme ihn nur noch ganz zart und oberflächlich wahr. Dafür umso mehr meine Fingerspitzen, die über die Tastatur flitzen, und das ziehende Gefühl der Anspannung im Schulterbereich.
#7 Frucht der Erde
Ich beisse in den Apfel. Kraftvoll, entschieden. Meine Ohren nehmen das knackende Geräusch wahr. Meine Backen-Muskulatur bewegt sich. An meinen Lippen spüre ich eine leicht klebrige, süsslich schmeckende Flüssigkeit. Der Mund ist erfüllt von weichen Stückchen, die mehr und mehr zu einer breiähnlichen Masse wird. Dazwischen nimmt meine Zunge harte, dünne Teilchen wahr. Ich schlucke und spüre wie der zermahlende Brei meinen Mund Richtung Rachen verlässt und einen süsslich, saftigen Geschmack hinterlässt, der mich an honiggetränkte Erde erinnert.
#8 Atem, der sich Platz nimmt
Ich bin in der Stadt unterwegs und es regnet leicht. Das Trottoir ist ziemlich bevölkert. Mein Gehtempo und meine Zielstrebigkeit sind schneller und direkter als dasjenige der Menschen um mich. Ich muss mich durch sie hindurch schlängeln und immer wieder ausweichen. Die Regentropfen beginnen mich zu nerven. Mein Atem geht zügig. Kaum nehme ich ihn wahr, schon ist er auch wieder weg. Wie ein Faden, der so dünn ist, dass er bei jedem etwas stärkeren Zug reisst.
Dann komme ich beim Bahnhofsplatz an, der ziemlich leer ist. Erstaunt stelle ich fest, dass sich mein Atem plötzlich wieder sehr deutlich zeigt und Platz in meinem Körper entsteht, den er einnimmt. Die Regentropfen nerven nicht mehr. Sie berühren sanft und kühlend mein Gesicht.
Meine 8SAMMELN-Erkenntnis des Tages
Beim heuten 8SAMMELN hat mich besonders beeindruckt, wie unmittelbar mein Verstand mit seinen Bewertungen und Urteilen auf meinen Körper wirkt. Ebenso faszinierend finde ich, wie schnell sich mein Atem an veränderte Umgebungen anpasst. Obwohl mir diese Zusammenhänge in der Theorie schon lange bekannt sind, hat das körperliche Erleben sie für mich noch einmal deutlich greifbarer gemacht. Diese Erfahrung hat in mir ein starkes Bedürfnis geweckt, achtsamer mit den ständigen negativen Bewertungen und Vergleichen umzugehen. Es ist, als würde eine innere Stimme sagen: „Jetzt hast du selbst gespürt, wie sie direkt Stress und Anspannung in deinem Körper auslösen – Zeit, etwas zu ändern.“
Mit regelmäßigen Achtsamkeitsübungen im Alltag will ich inskünftig diesen Mechanismen Schritt für Schritt bewusster begegnen. Denn ich weiss, wenn ich es schaffe, innezuhalten und den Atem als Anker zu nutzen, kann ich den negativen Bewertungen und Vergleichen die Macht nehmen, mich direkt in einen Zustand von Stress und Anspannung zu versetzen und so über die Zeit nicht nur mein Umgang mit Stress grundlegend verändern, sondern auch meine innere Haltung gegenüber belastenden Situationen. Ich kann dadurch also ein feineres Gespür für die Frühwarnsignale von Stress entwickeln und rechtzeitig gegenzusteuern – sei es durch eine Atemübung, eine bewusste Pause oder eine andere Form von Selbstfürsorge. Auf diese Weise wird Achtsamkeit zu einem zentralen Werkzeug, das mir hilft, Stress besser zu managen und nachhaltig mehr innere Ruhe und Gelassenheit zu kultivieren.
Kommentar schreiben